Kommentar zu Form u. Inhalt des Gedichts von G. Grass: "Was gesagt werden muss"

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Kommentar zu Form u. Inhalt des Gedichts von G. Grass:
„Was gesagt werden muss"

 

Das Gedicht ist erschienen in verschiedenen Printmedien am 04.04.2012

 

           Hier ein Link zu dem Gedicht, wie es in der Süddeutschen Zeitung     
           am 10.04. veröffentlicht wurde 

Gedicht oder nicht Gedicht,
im Kern seiner Aussage hat Grass Recht

 

 

Freilich trifft es zu, dass dieses Gedicht unzweifelhaft mehr prosaischen Charakter hat.
Es ermangelt schlicht und ergreifend der stilistischen Mittel, die es einem von Metaphorik,
Diktion, oft auch von konventioneller Syntax und Interpunktion abweichenden 'Kunstwerk'
gehobener Poesie zuschreiben könnten.

 

Das war aber auch gar nicht die Absicht von Günter Grass. Er musste sich der Form eines
Pseudo-Kunstwerks bedienen, um unter dem Deckmantel literarischer Freiheit das äußern
zu können, was einem Kritiker der israelischen Regierung untersagt bleibt, möchte er sich
nicht in den Sog gerne geübter Verleumdung als Antisemit begeben.
Die poetische Freiheit wurde hier zu politischen Zwecken instrumentalisiert.

 

Im anglikanischen Raum hingegen ist die von Günter Grass gewählte Form
des Gedichts gang und gäbe, mit dem Unterschied allerdings,
dass dort die in Kaskaden frei fallender, ungereimter Verszeilen
dargebotene Lyrik sich auch in Melodie, bildhafter Sprache wie Wortwahl
spürbar von jeglicher Alltagsprosa abhebt.

 

Fragt man sich allerdings nach der Intention, die Grass mit diesem Gedicht verfolgte,
kann man, was den Aussagegehalt des Gedichts anbetrifft, eher zu einer
positiven Resonanz seiner Beurteilung finden.

 

So ist doch nicht zu übersehen, dass Grass aus berechtigter Besorgnis heraus vor drei
Dingen warnen wollte:
a) Israel möge von einem militärischen Präventivschlag gegen den Iran absehen,
    da dieser mit Sicherheit nicht zum angestrebten Erfolg dauerhafter Vernichtung
    im Iran vermuteter (und noch herzustellender) nuklearer Waffen führen wird.

 

b) Wenn selbst die USA ihrem engsten Verbündeten in der Levante und im vorder-
    asiatischem Raum von einem solch übereilten 'Schlag' abraten, dann sollte
    auch Deutschland aus falsch verstandener Wiedergutmachungsabsicht
    nicht noch den Konflikt schüren, indem es Israel via Lieferung eines
    U-Bootes[1] waffentechnische Hilfe leistet.

    Durch solch säbelrasslerische Haltung lässt sich kein Pazifismus
    demonstrieren. Dabei brüsten gerade wir uns damit, wahre Demokratie
    sei untrennbar mit pazifistischer Grundhaltung verbunden.
    Nichts anderes wollte Günter Grass unterstreichen, als er mit diesem Gedicht
    zum 'Rufer in der Wüste' wurde.

 

c) Die potentielle Kriegsgefahr, die von Israels überzogener, weil gewaltbereiter
    Haltung ausgeht, liegt unbestreitbar auf der Hand. Das Risiko eines Erstschlages
    durch Israel ist nicht mehr kalkulierbar, da es sich in der Folgedimension seiner
    Auswirkungen nicht mehr auf einen regionalen Konflikt begrenzen lässt. Eine solch
    einseitige 'Befriedung' des Iran würden Russland und China nicht hinnehmen,
    müssten sie doch um die Zunahme des anglo-amerikanischen Machteinflusses in
    dem Teil der Welt bangen.

    Wer ist also an einer Schwächung des Iran interessiert?
    Wer möchte schon ein zweites Machtvakuum, einen neuen Unruheherd
    à la Irak hinterlassen?
    Die Warnung von Günter Grass gipfelt in dem Appell:
    'Lasset den Nahostkonflikt (aus Mangel an Besonnenheit) nicht zum
    Pulverfass für einen dritten Weltkrieg werden.'

 

 

A. Hans, Stellungnahme vom 08.04.12
[1] In puncto ‚Topqualität’ deutscher Waffenproduktion auf diesem Sektor neige ich zu der
    Ansicht, dass die derzeit in Deutschland hergestellten konventionellen U-Boote in ihrer
    Tauglichkeitskapazität  (Operationsreichweite, nahezue Geräuschlosigkeit im
    Tauchfahrbetrieb, Schnelligkeit, Wendigkeit, High-  Tech-Waffenausrüstung usw.)
    keinem der atomar angetriebenen Unterseeboote nachstehen, zumindest nicht in
    erheblichem Maße. Einmal mit nuklearen Waffen bestückt – ich halte dies für
    möglich – sind sie meinen  Kenntnissen nach jedem andern Kernenergie angetriebenen
    U-Boot mindestens ebenbürtig. Kein Wunder  daher, dass sie im Ausland höchst
    begehrt sind.

    Im Falle Israels ist zu befürchten. dass das von Deutschland gelieferte 6. U-Boot nicht
    defensiv, sondern  offensiv eingesetzt wird. Wenn dieses U-Boot im Verbund mit den
    Schiffen der anglo-amerikanischen  Streitkräfte (formal unter dem Deckmantel der
    NATO, auch wenn Israel offiziell kein Mitglied des Nordatlantikpakts ist) im Indischen
    Ozean vor der Küste des Iran operiert, um von dort einsatzbereit Attacken auf dieses
    Land zu starten, dann deckt es nicht mehr Sinn und Zweck der deutschen Lieferung.
    Und dabei sind wir doch so stolz auf die Auflagen, die wir an den Export solcher
    Waffen knüpfen.